Beiwagen

Auch Seitenwagen oder Boot. Erster Beiwagen 1893 (F) an einem Fahrrad, ausgedacht von Bertoux. Eine ähnliche Idee kam 1899 von Bartlett (USA). Erstes Motorrad mit Beiwagen, auch als Beisteckwagen bezeichnet, 1903 von Graham (UK). Erstes motorbetriebenes Gespann in Deutschland 1903 von Beißbarth in München. Üblich waren Korbsesselbeiwagen.

Ab 1910 erste Blechkarosserien, üblich waren aber mit Stoff bespannte Holzkonstruktionen. Es gab in den 1920er und 30er Jahre hunderte von Kleinstherstellern die Karosserien bauten. Die sogenannten Leichtkarosserien - Holzgerippe mit Aluminiumbeplankung - konnten sich nicht durchsetzen. Die Gründe waren zu geringe Stabilität und zu teuer in der Herstellung.

Ab den 1920er wurden die Karosserien überwiegend aus Stahlblechen hergestellt, auch Lasten- und Taxi-Beiwagen gab es reichlich. Selbsttragende Blechkonstruktionen kamen mit dem Einsatz von Lichtbogenschweißgeräten in Mode. Holzbeplankungen wurden weiterhin vereinzelt bis in die 50er Jahre noch angeboten. Allein im Jahr 1938 wurden in Deutschland über 15.000 Beiwagen produziert. Beiwagen wurden weltweit auch in speziellen Ausführungen für das Militär gefertigt.

Immer wieder wurden Ruderboote sowie Zusatzttanks und Bombenbehälter von Flugzeugen auf den Beiwagenfahrgestellen befestigt. 1946 bekam das englische Luftfahrt-Ministerium (Air Ministry) eine Anfrage nach 150 Flugzeug-Zusatztanks, die als Beiwagen Verwendung finden sollten. Darunter waren auch Zusatztanks der De Havilland Mosquito, einem Mehrzweckflugzeug der Britischen Air Force. Um deren Reichweite zu vergrößern, wurden hölzerne Zusatztanks unter die Flügel geschraubt. Waren sie geleert und die Hülle nur noch Ballast, wurden sie einfach abgeworfen. Der Beiwagenhersteller Watsonian kaufte für wenig Geld die noch lagernden und unbenutzten Holztanks, um sie zu preisgünstigen Beiwagen (Meteor) umzubauen. (Quelle: Peter Lohré).

Zwischen 1948 und 1955 ungeheurer Nachfrageboom als Nutzfahrzeug und zur allg. Mobilität, hunderttausende von Beiwagen wurden während dieser Zeitspanne in der BRD hergestellt. In der DDR (MZ) und Sowjetunion (Dnepr und Ural) wurden bis 1991 ebenfalls große Stückzahlen produziert.

Heute dient das Motorrad mit Beiwagen, das Gespann, fast ausschließlich als Freizeitfahrzeug. Im Jahr 2020 wurden in D. rund 200 B.-Modelle und Varianten von rund 30 Herstellern, Assemblern und Importeuren angeboten.

Der Beiwagen wird i.d.R. auf das Beiwagen-Fahrgestell geschraubt, in seltenen Fällen ist das Fahrgestell in den Beiwagen integriert. Die Karossen sind meist geschlossene Formen mit einem Einstieg von oben, teilweise mit Türe. Im Bootskörper befindet sich ein Sitz für ein oder mehrere Passagiere. Dahinter ein Gepäckraum der durch Vorklappen des Sitzes oder eine separate Kofferraumklappe zugänglich ist. Andere Formen orientieren sich speziell an den Einsatzzweck, Bsp.: Offene Beiwagen für den Offroadeinsatz, dem Sport und Beiwagen zum reinen Lastentransport.

Der Beiwagenaufbau bedarf keiner Abnahme durch technische Überwachungsdienste (TÜV, DEKRA, ...), er darf nach Belieben gestaltet sein. Es gibt allerdings Regeln die den Kantenschutz betreffen und die Beleuchtung, sofern sie nicht am Fahrgestell angebracht ist, muss regelkonform sein.

Bis in die 1950er Jahre bestand die Beiwagen-Karosserie aus Blechen oder Holzleisten, dann entstanden in England die ersten Beiwagenformen aus Kunststoff.

Für den Personentransport werden in der Breite drei Varianten unterschieden: Ein-, Eineinhalb- und Zweisitzer-B. mit nutzbaren Sitzbreiten von bis 60, 60 bis 80 und über 80 Zentimeter.

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