Kräfte im Gespann

Im Vergleich zum Zweirad unterliegt das Gespannfahren weitaus komplexeren physikalischen Kräften. So verkleinert der Widerstand an Vorder- und Hinterrad (W) die Vortriebskraft (V). Das ist einleuchtend. Der Widerstand (W1) am Seitenwagenrad kostet auch Vortriebskraft, greift aber um das Maß der Spurbreite versetzt an. Er erzeugt ein - in Fahrtrichtung gesehen - rechtsdrehendes Moment aus Spurbreite in Meter mal Widerstand W1 in N = Nm.

Der Gespann-Neuling bemerkt das beim Anfahren in den Schultern, er muss bewusst gegenlenken. Doch schon nach relativ kurzer Gewöhnung geschieht dies automatisch.

 

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Abb. oben
W = Fahrwiderstand an der Maschine
W1 = Fahrwiderstand am Seitenwagen
D = Drehmoment
V = Vortriebskraft

 

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Betrachten wir die Schwerpunktlage

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Abb. oben
Das Gespannmodell hängt frei in der Luft waagrecht am Haken. Der Haken der Federwaage greift genau am Schwerpunkt.

 

Physikalisch gesehen ist der Schwerpunkt derjenige Punkt an einem Körper, an den man sich alle Massenkräfte vereint vorstellen kann. Andererseits stellt man sich den Schwerpunkt eines Körpers als denjenigen Punkt vor, an dem von außen einwirkende Kräfte angreifen können ohne eine Drehung des Körpers auszulösen.

Bei leichten Gespannen kann sich der Schwerpunkt in Abhängigkeit von der Beladung seitlich und in Fahrtrichtung um bis zu 15 cm und in der Höhe bis zu 25 cm verschieben. Bei schweren Gespannen sind diese Unterschiede kleiner.

 

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Solange die Fahrt gleichmäßig geradeaus geht, spielt die Lage des Schwerpunktes nur eine untergeordnete Rolle. Doch wird das Fahrzeug in eine Kurve gelenkt, tritt eine zusätzliche Kraft auf, die Fliehkraft (Ff) genannt wird. Sie wirkt auf den Schwerpunkt und erzeugt, zusammen mit dem Hebelarm der Höhe (h) ein Drehmoment, welches das Gespann zu kippen versucht.

 

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Die Schwerpunktlagen der zwei Abb. oben
1) Gespann leer
2) Gespann mit Fahrer
3) Gespann mit Fahrer und besetztem Seitenwagen
4) Gespann mit 3 Personen besetzt
5) Gespann mit 2 Personen auf der Maschine
(Die Schwerpunktlagen variieren natürlich in Abhängigkeit der Gewichte von Motorrad, Beiwagen, Fahrer, Beifahrer und ggf. Gepäck.)

 

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Abb. oben
Fges = Gesamtmasse
S = Schwerpunkt
Ff = Fliehkraft
Fm = Masse Motorrad
h = Schwerpunkthöhe
Fs = Masse Seitenwagen
lm = Abstand Motorradmasse vom Schwerpunkt

 

Ändert sich die Lage des Schwerpunkts (z.B. durch eine Gewichtsverlagerungen der Gespannbesatzung), so verändern sich die Fahreigenschaften des Gespanns. Dies wiederum wirkt sich auf die möglichen Kurvengeschwindigkeiten aus. Doch das ist noch nicht alles – weitere Faktoren sind: der Zustand der Fahrbahnoberfläche, Zustand und Luftdruck des Reifens, und die Reifenbauart.

 

Es ist unmöglich auf rechnerischer Basis über das Fahrverhalten und die möglichen Kurvengeschwindigkeiten exakte Ergebnisse hervorzubringen. Mit diesem Hintergrund sind im Folgenden alle Berechnungen der möglichen Kurvengeschwindigkeiten zu sehen. Sie sind teilweise stark vereinfacht. Wir wollen das Wesentliche deutlich machen!

 

Das heißt ein Gespannfahrer braucht Erfahrung im wahrsten Sinne des Wortes, bis er in der Lage ist, die Möglichkeiten eines Gespanns annähernd auszunutzen. Fest steht, dass er es mit der Kenntnis der Theorie schneller und sicherer fahren kann.

 

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Anmerkung: 2008 gab Gespannfahrer-Urgestein Edmund Peikert sämtliche Unterlagen aus dem “Leitfaden für Gespannfahrer” an Bernhard Götz um damit weiterzuarbeiten.